Das Kreuz im Mülleimer (27.03.20)...

28. March 2020

Gedanken von Pastorin Bettina Bartke

Wenn Kinder spielen, dann schlüpfen sie gerne in fremde Rollen. Sie verkleiden sich und bevorzugen Figuren, die Stärke zeigen oder zaubern können. Damit zeigen sie unseren ureigensten Wunsch: wir alle wollen auf der siegreichen Seite des Lebens stehen. Auch Petrus geht es so. Auch er möchte seine Überzeugung von Christus, der mit ihm seine Kirche aufbauen will, bewahren und jegliches Leid von ihm fernhalten. Doch das lässt Jesus nicht zu: „Geh weg von mir Satan, du bist mir ein Ärgernis, denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist“, so lesen wir in der Passionsgeschichte des Matthäus.

Auch Petrus darf sich nichts vormachen und muss der Realität ins Auge schauen. Auch er muss sein Kreuz in der Nachfolge auf sich nehmen. Auch er muss erfahren: Vor dem Sieg geht es erst durch’s Dunkel.

Mit dem Foto vom Kreuz im Mülleimer habe ich den ökumenischen Kreuzweg der Jugend 2016 in unserer St Petrus Kirche eröffnet. Und natürlich hat dieses Szenario provoziert. Denn ein Kreuz gehört auf den Altar, oder an die Wand oder auch als Kette um den Hals, aber nicht in den Müll. Denn das Kreuz ist ja was Heiliges, das Zeichen für eine Verbindung zu Jesus, der durch Gottes Kraft als Sieger aus dem Tod hervorgegangen ist. Ein Kreuz im Mülleimer, das geht gar nicht, würden wir sagen. Für Gott aber ging das doch. Denn genau dahin hat sich er sich in Jesus Christus begeben: In unsere Schwachheit, in unsere Fehlbarkeit, in unsere Gewalt, in unsere Schuld, in Angst, Leiden und Tod, in unseren ganzen großen Müll. Wohl ruft Jesus im Sterben nach Gott und er kämpft mit dem Tod. Den Kreislauf von Rache, Gewalt und neuer Gewalt aber bedient er nicht. Und so stirbt er ohne Schuld.

Er steigt hinab in das Reich des Todes. Einen Ort der Gottesferne wie er dunkler und tiefer nicht sein kann.

Damit aber provoziert er unsere Aufmerksamkeit, so wie das Foto mit dem Kreuz im Müll. Er zeigt er uns, dass er selbst den dunkelsten und verborgensten Winkel unserer Existenz, unserer Verzweiflung und Angst

ausfüllen kann mit seiner Gegenwart.

Und so lautet die Botschaft für uns: So einsam wir in diesen Tagen der Angst und Verunsicherung und des Leidens durch soziale Distanz auch sein müssen, allein sind wir nie! Denn Gott hat uns durch Golgatha bewiesen, dass er vor uns niemals Halt macht und dass uns nicht scheiden können von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn. Auch nicht der Tod. Denn geblieben ist er dort nicht. Er hat den Sieg davon getragen, weil er dem Leid ins Auge gesehen hat.


Schauen auch wir dem Kreuz, das wir gerade auf uns nehmen müssen, ins Angesicht: diesem hässlichen Kugelvirus mit seinen üblen Rüsseln. Verlieren wir aber auch die Hoffnung auf eine Zukunft nicht aus dem Auge, für die uns Heil versprochen ist. Beten wir mit Huub Oosterhuis:von Zweifeln ist mein Leben übermannt, mein Unvermögen hält mich ganz gefangen. Hast du mit Namen mich in deiner Hand, in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben? Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land? Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen? Sprich du, das Wort, das tröstet und befreit, und das mich führt in deinen großen Frieden. Schließ auf das Land das keine Grenzen kennt, und lass mich unter deinen Kindern leben. Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst. Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.


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